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der Lokalredaktion Radeberg



Sächsische Zeitung
Mittwoch, 19. März 2008


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Er will frischen Wind in die Radeberger Politik bringen, sagt er: Frank-Peter Wieth.Foto: Michael Trapp 


Wieth: "Radeberg braucht neuen Politikstil"
Gespräch: Jens Fritzsche

Er will frischen Wind in die Radeberger Politik bringen, sagt er: Frank-Peter Wieth.Foto: Michael Trapp 

Herr Wieth, Sie stehen als Bürgermeister-Kandidat der CDU für einen neuen Politik-Stil in Radeberg, sagen Sie. Was muss man sich darunter vorstellen?

Es geht vor allem um den Ton, der die Musik macht. Und ich handle eher nach dem Sprichwort „Man trifft sich im Leben immer zweimal“. Kommunalpolitik kann nur erfolgreich sein bei einer vernünftigen Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden, Landkreis, Regierungspräsidium, Verbänden und nicht zuletzt auch den Ministerien.

Amtsinhaber Lemm ist eher als aufmüpfiger Politiker bekannt, der sich gern mal mit Ministern und Landratsamt anlegt. Ist es denn in einem großen Kreis, wie es der Kamenzer ist, nicht auch gut, wenn eine geografisch am Rand liegende Stadt lautstark auf sich aufmerksam macht?

Sicher, wenn es Probleme gibt, muss man sie offen ansprechen. Die Vielfalt der Aufgaben und die damit verbundenen rechtlichen Verfahren erfordern die uneingeschränkte Zusammenarbeit. Je besser das Klima, desto besser lassen sich Ergebnisse erzielen. Diese Erfahrung macht man ja auch täglich in einer Ehe.

Dennoch: Wären Sie denn als Bürgermeister – spöttisch gefragt – ein Weichei, das sich vom Kreis alles aufdrücken lässt?

Bin ich denn als Ortsvorsteher von Ullersdorf ein Weichei, das sich alles gefallen lässt?

Der neue Kreis-Chef wäre aber unter Umständen in Ihrer Partei. Das ist bei Bürgermeister Lemm anders, mit dem sie sich als Ortsvorsteher gelegentlich anlegen. Der politischer Konkurrent…

Für mich ist die Sache maßgebend. Um das Beispiel Schulnetzplanung im Kreis Kamenz anzusprechen: Ich war, als CDU-Stadtrat, gegen eine vom Kreis favorisierte Schließung der Richter-Mittelschule zugunsten der Wachauer Schule, weil das aus meiner Sicht die richtige Entscheidung für Radeberg war.

Eine Entscheidung, die aber sicher nicht zur guten Nachbarschaft beizutragen half…

Jede Entscheidung führt zu Vor- und Nachteilen für die Beteiligten. Wichtig ist dabei, dass sich alle hinterher noch in die Augen sehen können und man auch wiederkommen kann. So funktioniert nunmal Kommunalpolitik.

Ihr Parteifreund, Bautzens Landrat Michael Harig, sagte bei Ihrer Nominierung in Radeberg, es sei schwierig gegen einen Amtsinhaber anzutreten. Der sei bekannt und Herrscher über die Biertische. Trinken Sie kein Bier?

Doch, aber auch Wein. Natürlich hat Michael Harig Recht. Andererseits ist es vielleicht gar nicht so schwer, weil man mit einem anderen Politikstil einen interessante Alternative bietet.

Was wäre denn der größte Kontrast zu Amtsinhaber Lemm?

Ich würde den Stadtrat ernster nehmen und bei der Entscheidungsfindung stärker beteiligen. Sonst vergeudet man hier Ressourcen. Der Stadtrat ist das wichtigste politische Organ der Stadt, nicht der Bürgermeister. Blickt man heute auf Radeberg, könnte man meinen, das sei hier andersherum.

Aber es braucht doch jemanden, der die Zügel in der Hand hält. Kann man das als Mann der leisen Töne, wie Sie von sich sagen, überhaupt?

Lautstärke ist kein Argument. Führungs-Qualität schließt nicht aus, auf andere Meinungen zu hören, als nur immer auf die eigene. Und sich von guten Argumenten überzeugen zu lassen. Erfolgreiche Politik ist, glaube ich, eine Politik der Kompromisse. Man muss möglichst alle mit auf die Reise nehmen, um erfolgreich ans Ziel zu kommen. Niemand kann alles, deshalb ist jeder wichtig, der einen Hinweis zur Fahrt-Route beisteuert. Diese Erfahrung habe ich in Ullersdorf als Ortsvorsteher schon über Jahre hinweg gemacht. Dafür bin ich meinen Kollegen im Ortschaftsrat zutiefst dankbar.

Besteht aber nicht die Gefahr, sich über all die Diskussionen am Ende zu verzetteln?

Da möchte ich Ihnen die Entwicklung im Ortsteil Ullersdorf entgegenhalten. Dort bin ich seit 2001 als Ortsvorsteher im Amt – und der Ortsteil hat, wie ich finde, eine gute Entwicklung genommen. Wir haben die Dorfstraße und die Hauptstraße saniert, zwei neue Wohngebiete geschaffen, den Radweg in Richtung Dresden gebaut, um nur einige Beispiele zu nennen. Vorangebracht haben diese Projekte oft meine guten Kontakte zu Entscheidungsträgern. Das könnte letztlich auch ganz Radeberg voranbringen.

Sie sind Volljurist, haben zwei Staatsexamen abgelegt, sind stellvertretender Geschäftsführer der Landtagsfraktion der CDU und kommentieren – wie Sie scherzhaft sagen als Hobby – regelmäßig für Fachverlage Veränderungen in der Sächsischen Bauordnung. Das klingt alles sehr trocken und weit weg vom wirklichen Leben.

Schon während meines Referendariats in Bayern arbeitete ich in der Verwaltung mit; habe dort zunächst Aus- und Übersiedler betreut. Da war ich für wirklich sehr alltägliche Fragen dieser Menschen zuständig. Unterkunft, Arbeit, Ausweise zum Beispiel. Glauben Sie mir, das war eine wichtige Schule. Im Übrigen ist das Baurecht nicht so lebensfern. Es geht da um Naturschutz, Immissionsschutz, Fördermittelrecht, Denkmalschutz. Dinge, die uns täglich begegnen.

Was haben Sie aus dieser Arbeit mitgenommen, das Ihnen als Bürgermeister in Radeberg hilfreich sein könnte?

Als Wichtigstes die Einsicht, das Recht und Verwaltung in erster Linie für den Bürger da sind und nicht umgekehrt. Ich finde, ein guter Ansatz für die Arbeit als Bürgermeister. Der Bürgermeister muss der erste Diener seiner Bürger sein. Politik ist Dienst am Menschen – und für mich ist es Erfüllung, wenn ich mit den Menschen für die Menschen etwas erreichen kann.

Sie sind als stellvertretender Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion gut ausgelastet – was reizt Sie da eigentlich noch an der Kommunalpolitik?

Kommunalpolitik befasst sich mit allen Fragen des täglichen Lebens von der Geburt, Kindertagesstätte, Schule, Ausbildungsplatz, Leben und Wohnen bis hin zur letzten Ruhestätte. Gerade diese Vielfalt macht für mich den Reiz der kommunalpolitischen Verantwortung aus.

Warum aber unbedingt als Bürgermeister?

Ich habe in Radeberg mit meiner Frau ein Zuhause gefunden. Durch mein kommunalpolitisches Engagement seit 1999 als Ortschaftsrat, Ortsvorsteher, Stadtrat und Kreisrat habe ich die Möglichkeit, ein stückweit etwas von dem zurückzugeben, was wir so reichlich erhalten haben. Als Bürgermeister könnte ich noch mehr für die Bürgerinnen und Bürger tun.

Radeberg ist ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort. Warum hört man Sie eigentlich so häufig von einem Nachholbedarf in Sachen Wirtschaftsförderung für Radeberg reden?

Weil es meiner Meinung nach eben keine wirkliche Wirtschaftsförderung im Rathaus gibt. Die Erfolge des Wirtschaftsstandorts sind allein Erfolge der ortsansässigen Firmen, in denen sich die Stadt nun sonnen kann.

Es gibt doch aber seit Kurzem eine Wirtschaftsreferentin im Rathaus…

Nach langem und massivem Drängen seitens des Gewerbevereins und der CDU-Stadtratsfraktion. Dennoch ist das nur ein halbherziger Ansatz. Sie braucht nämlich auch ein Konzept, nach dem sie arbeiten kann. Das muss von allen wesentlichen Beteiligten getragen werden, insbesondere dem Stadtrat. Hätte man dies schon, würde das auch bei der dringend notwendigen Ausweisung neuer Gewerbeflächen helfen. Auch das übrigens eine Erkenntnis aus meinen regelmäßigen Gesprächen mit ortsansässigen Unternehmen und Mitgliedern des Gewerbevereins.

Gespräch: Jens Fritzsche


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